Spass mit Pferd
Motivation und Harmonie durch positive Bestärkung

Trainingsmethoden

Die Wege, ein Verhalten zu trainieren, sind ebenso vielfältig wie die Trainer es sind. Prinzipiell unterscheidet man sechs Methoden, die beliebig miteinander kombiniert werden können.



1.) Shaping (Formen)
Ein Verhalten zu formen, bedeutet, die schrittweisen Annäherungen zu honorieren, bis man schließlich das gewünschte Zielverhalten abrufen kann. Shaping ist „die“ Methode des Clickertrainings. Es ist verblüffend, wie effizient und vielfältig man durch reines Formen arbeiten kann. Durch das Zerlegen des Verhaltens in kleinste Schritte („Babysteps“) und das häufige Honorieren der kleinen Erfolge, fällt das Lernen besonders leicht und motivierend aus.


Auch komplexe Verhalten lassen sich formen.

1.b) Freeshaping
Siehe Shaping. Der Trainee wird für richtiges Verhalten belohnt, das er ohne jeglichen Einfluss von außen zeigt.
Freeshaping ist die „edelste“ Form des Trainings, die Königsklasse quasi.
Sie verlangt dem Trainer ein Höchstmaß an Perfektion bezüglich Timing, Bestärkungsrate und Trainingsaufbau ab. Fehler führen zu Frustration und Verwirrung des Trainees.
Dog Training- Crawl Under Free Shaping
Clicker Training: Shaping "Up-Down"
Clicker Training a Rat to Go Through a Tunnel using Shaping

Oft spricht man hierbei auch vom so genannten Microshaping, das zum Einsatz kommt, wenn kleinstmögliche Schritte zum fertigen Zielverhalten trainiert werden. Diese Schritte können z.B. ein Anspannen von Muskeln sein, das eine Veränderung des Verhaltens initiiert.
Folgendes Video zeigt eindrucksvoll, was durch die Anwendung von Microshaping möglich ist. Die Wale lernen durch das Ausführen von Muskelkontraktionen ihre Gesichtsmimik zu verändern und sind dadurch fähig, auf Kommando Blasen zu machen.
Beluga Whale blows Bubbles


Sehen und Erfühlen kleinster Bewegungen sind beim Microshaping entscheidend.

2.) Targeting (Targettraining)
Targets sind Hilfsmittel, die dem Tier zeigen, wie es seine Körperteile positionieren soll. Der Trainee berührt das Target – zu deutsch „Ziel“ - und wird dafür belohnt. Targettraining wird eingesetzt, um das Tier in die richtige Position oder Haltung zu dirigieren, ohne dass man Druck aufwenden oder es bedrängen muss.


Der Targetstick

Targeting ist eine noble Methode, dem Hund beispielsweise Sitz beizubringen. Das Target wird über den Kopf des Hundes gehalten, dass er, um es berühren zu können, sein Gewicht nach hinten verlagern und sich hinsetzen muss. Mittels Targeting kann man dem Tier eine Idee davon geben, was man möchte. Targettraining lässt sich sehr gut mit Shaping verbinden, indem man ein Verhalten mit Hilfe eines Targets initiiert und die Feinheiten anschließend mittels Shaping erarbeitet.


Auch eine Gerte ist als Target geeignet.

Als Target eignet sich jedes Hilfsmittel, das für das Tier gut erkennbar und für den Trainer praktikabel in der Handhabung ist. Bewährt haben sich Targetsticks - das sind Zeigestäbe, die an einem Ende eine kleine Verdickung oder einen Ball aufweisen, die der Trainee berühren soll.
Aber auch die eigene Hand, eine Taschenlampe, die beim Training von Fischen zum Einsatz kommt, oder eine Fußmatte, die dem Pferd das ruhige Stehen verdeutlicht, sind als Target geeignet:
Targeting with Dogs


Der Targetstick weist den Weg ins Kompliment.

Prinzipiell kann jedes Körperteil mit einem Target besetzt werden – es gibt Targets für Nase, Kopf oder Ohren. Beintargets, um Lektionen wie das Kompliment oder den Spanischen Schritt zu erarbeiten. Targettraining eignet sich fürs Longieren, um an der Dehnung zu arbeiten oder Biegearbeiten durchzuführen: Kruppeherein


Mithilfe des Targets wird das Pferd in die Biegung geführt.

Im Hundetraining findet es seinen Einsatz, um am geradeaus Gehen zu arbeiten oder um den Hund zu korrigieren, wenn er beim Fuß gehen am Boden schnüffelt. Auch für die Arbeit auf Distanz ist diese Methode sehr geeignet: Training Behaviors at a Distance

Zum Aufsteigen lassen sich Hinterhandtargets benutzen, was bedeutet, dass man dem Pferd beibringt, mit der Hinterhand das Target zu berühren, wodurch man es perfekt zur Aufstiegshilfe lotsen kann.
Blinde Tiere lassen sich durch Targettraining sicher und kontrolliert durch die Umgebung führen.


Beintargets helfen beim Erlernen des Spanischen Schritts.

Das folgende Video zeigt die Verhaltensbiologin Karen Pryor, die einen Fisch mithilfe von Targettraining durchs Becken lotst. Anstelle des Clickers dient eine Taschenlampe als Markerersatz, damit das Signal auch unter Wasser wahrgenommen werden kann.
An Introduction to Target Training a Fish

3.) Luring (Locken)
Der Trainee wird durch Futter oder Spielzeug in eine bestimmte Position gelockt und anschließend belohnt. Mit Hilfe dieser Methode kann man ein Pferd beispielsweise ins Plié oder in eine Biegung locken oder den Hund zum Sitz oder Platz positionieren.
Luring ist eine einfach anzuwendende Möglichkeit, dem Tier verstehen zu geben, was man von ihm möchte. Die Aufmerksamkeit liegt dabei häufig stark auf dem Futter - das bewusste Ausführen des Verhaltens rückt in den Hintergrund, weil für das Tier nur das Erreichen der Bestärkung im Fokus steht. Die Lösung: Anstelle des Futters kann auch ein Target Verwendung finden, um den Blickwinkel vom Bestärker wieder auf die Aufgabe zu richten, dem Tier aber trotzdem eine Hilfestellung zu bieten.
Fading a Lure


Mit Hilfe von Futter wird das Pferd in die Verbeugung gelockt.

4.) Modeling (Modellieren)
Beim Modeling steuert man das Verhalten des Trainees, indem man ihn aktiv in eine veränderte Position bringt. Beispiele: Der Trainer nimmt die Pfote in die Hand zum „Pfote geben" oder drückt sanft das Hinterteil hinunter zum „Sitz".


Modeling: der Pferdehuf wird auf dem Hufbock platziert.

Ähnlich wie das Luring ist Modeling eine einfach anzuwendende Möglichkeit, seinem Tier eine Übung näher zubringen. Bis das Tier das Verhalten selbstständig ausführt, ist es allerdings noch ein weiter Weg. Modeling kann außerdem dazu führen, dass der Trainee sich unter Druck gesetzt fühlt, weil er mit einer Übung quasi zwangsbeglückt wird, die er von sich aus in dem Stadium des Trainings noch nicht anbieten würde.

5.) Capturing (Einfangen)
Capturing bedeutet, ein Verhalten, das das Tier frei ohne Einfluss von außen zeigt, einzufangen und gezielt zu bestärken. Beispiel: Der Hund setzt sich zufällig hin, wenn wir gerade im Raum sind und wird dafür belohnt. Das Pferd legt sich hin, steigt oder geht rückwärts auf der Koppel.
Capturing a Behavior: Teaching Your Dog to Lick her Chops on Cue


Verhalten kann eingefangen und gezielt bestärkt werden.

Beim Capturing werden ganze Verhaltensweisen eingefangen und belohnt. Wir haben dabei keinen Einfluss darauf, wie der Trainee das Verhalten ausführt. Möchte man gewisse Details an der Ausführung ändern, ist eine Kombination mit einer anderen Methode - meistens Shaping - unumgänglich.

6.) Mimicry (Nachahmung)
Beim Lernen durch Nachahmung wird das Verhalten eines anderen Tieres (oder des Menschen) kopiert: Gähnerleben



Beispiele: Man lässt ein Pferd ablegen oder in den Hänger steigen und das andere Tier das Verhalten kopieren.
Mimicry ist eine sehr komplexe Form des Lernens und dadurch ein ideales mentales Training. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich berichten, dass das Prinzip, sobald es einmal verstanden wurde, auch auf andere Übungen übertragen werden kann. Ein Trainee, der gelernt hat, durch Nachahmung auf ein Podest zu steigen oder sich hin zulegen, kann in weiterer Folge ebenso lernen, Übungen wie das Apportieren oder andere komplexe Verhaltensweisen durch Zusehen zu kopieren. Voraussetzung dafür ist, dass mindestens ein weiteres Tier vorhanden ist, das das Zielverhalten jederzeit perfekt auf Kommando ausführt.
Champis - the herding rabbit


Auch komplexe Verhaltensweisen können durch Nachahmung erlernt werden.

Lernen durch Imitation ist eine sehr erfolgreiche Strategie, die im Tierreich weit verbreitet ist. Männliche Singvögel zum Beispiel lernen das Singen, indem sie den Gesang ihrer Väter imitieren. Diese Art des Lernens ist wenig flexibel und meist auf zeitlich begrenzte Phasen beschränkt (Prägungslernen). Bei höher entwickelten, sozialen Säugetieren lassen sich flexiblere Formen des Lernens durch Nachahmung nachweisen. Die Fähigkeit der Imitation ist für das Individuum vorteilhaft, weil es sich um eine sehr effektive Form des Lernens handelt. Lange erfolglose Phasen von Versuch und Irrtum bleiben dem Tier erspart, gefährliche Misserfolge (z.B. das Fressen von giftigen Pflanzen) unterbleiben.

 
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